Meine Meinung

Mit den Ergebnissen der US-Wahlen hat ein großer Unsicherheitsfaktor für die Aktienmärkte erheblich an Gewicht verloren. Zum einen entspricht Joe Bidens Sieg den Erwartungen der Anleger, die sich von ihm und seinen Demokraten eine berechenbarere und stetigere Politik erhoffen. Daran kann auch ein Amok laufender Donald Trump nichts ändern, der mit seinen Wahl-Anfechtungen noch für Wochen Unruhe schüren wird. Manche befürchten gar bürgerkriegsähnliche Zustände. Und zum anderen sieht es nach einem gespaltenen Kongress aus. Die Demokraten haben die Mehrheit im Repräsentantenhaus behalten und die Republikaner im Senat – falls sie bei der Nachwahl in Georgia Anfang Januar mindestens einen der zwei Senatorensitze gewinnen.

Warum aber ist eine geteilte Macht im Kongress günstig für Aktien? Weil dadurch gewährleistet ist, dass der Präsident nicht durchregieren kann, sondern Kompromisse mit dem Gegner eingehen muss. Falls die Republikaner im Senat die Mehrheit haben, werden sie im Gesetzgebungsprozess manche der Pläne stark abgeschwächt werden, die Biden im Wahlkampf geäußert hat. Das gilt beispielsweise für Steuererhöhungen oder schärfere Regulierungen der Finanzmärkte und der Unternehmen. Beides sähe die Wall Street natürlich gar nicht gern.

Ein Demokrat als Präsident ist gut für die Kurse

Übrigens: Viele Anleger sind der irrigen Meinung, dass die Republikaner – also die Konservativen – besser für die Börse seien. Das Gegenteil ist richtig: Die Statistik zeigt, dass die Rendite von Aktien bei einem Demokraten als Präsidenten um 2-3% pro Jahr höher war als bei einem Republikaner.

Mehr noch als die Politik hat das Corona-Geschehen seit Mitte November die Märkte bewegt, als zunächst das deutsch-amerikanische Duo Biontech/Pfizer vielversprechende Zwischenergebnisse ihrer Impfstudien veröffentlichte, und dann auch noch der Biotechkonzern Moderna. Da zudem eine Reihe anderer Pharmafirmen mit ihren Impfstudien sehr weit sind, könnte 2021 das große Impfen beginnen.

Das würde die Chancen erheblich vergrößern, die Pandemie einzudämmen – nicht sofort, aber in absehbarer Zeit. Lock Downs und andere Beschränkungen könnten dann zurückgefahren und die Wirtschaft und das Privatleben wieder Richtung Normalität gesteuert werden.

Die Konjunkturaussichten hellen sich auf

Das ist zwar noch Zukunftsmusik, aber an den Börsen wird nun einmal die Zukunft gehandelt. Mit ihrem üblichen Vorlauf von sechs bis neun Monaten gegenüber der Konjunkturentwicklung spielen die Anleger durch, wie sie die Situation in der zweiten Jahreshälfte 2021 einschätzen. Sie erwarten ein höheres Wirtschaftswachstum als dies noch im Oktober prognostiziert wurde, und damit verbunden deutlicher steigende Unternehmensgewinne. Mit den Impf-Hoffnungen hat an den Börsen auch ein Favoritenwechsel eingesetzt. Eine Normalisierung würde vor allem den Branchen und Unternehmen kräftige Zuwächse bescheren, die seit Februar/März besonders unter den Einschränkungen gelitten haben. Das ist vorwiegend der Bereich, der als „Old Economy“ bezeichnet wird. Viele der Aktien aus diesen Sektoren sind typische Value-Aktien, also Wertpapiere, deren Kurse günstig, sprich unterbewertet sind und deshalb Nachholbedarf aufweisen.

Dazu zählen beispielsweise Auto- und Chemiewerte, aber auch Maschinenbau-, Rohstoff- und Luftfahrtaktien. Sie alle haben seit der Erfolgsmeldung von Biontech kräftig zugelegt, sind aber im Vergleich insbesondere zu vielen Technologiewerten immer noch außerordentlich günstig bewertet, wenn man Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), Dividendenrendite oder Kurs-Buchwertverhältnis als Maßstab heranzieht.

Ich rechne damit, dass diese Bewegung hin zu ausgesuchten Value-Titeln erst am Anfang ist. Der Nachholbedarf ist groß, zumal viele dieser Unternehmen seit dem Corona-Ausbruch ihre Sparanstrengungen nochmals verstärkt haben, also ihre Gewinnschwelle gesenkt haben.

Notenbanken öffnen die Geldschleusen noch weiter

Die Konjunkturhoffnungen hängen aber nicht nur mit den positiven Impfstudien zusammen. Sie werden massiv unterstützt durch die extrem expansive Geldpolitik, die voraussichtlich im Dezember noch weiter gelockert wird. Die EZB wird wohl ihr Notprogramm PEPP von derzeit 1,35 Billionen Euro auf bis zu 2 Billionen ausweiten und die Dauer des Programms verlängern. Auch die Fed hat signalisiert, dass sie noch mehr Liquidität bereitstellen wird, um die hohe Arbeitslosigkeit in den USA zu bekämpfen. Die jetzt schon ungeheuren Mengen an Geld werden also noch weiter vergrößert. Ein Teil davon wird sicherlich erneut in Aktien fließen, wie dies bereits seit März der Fall ist. Viele Anleger waren bisher aber vorsichtig und haben Geld in kurzfristige Zinsanlagen investiert. Allein in den USA haben Geldmarktfonds von Februar bis August rund eine Billion Dollar neu eingesammelt. Von den nun über fünf Billionen wird sicherlich ein Teil nach und nach an den Aktienmarkt umgeschichtet, da es für kurzfristige Gelder auch in den USA kaum noch Zinsen gibt.

Die Konjunktur ins Laufen bringt aber nicht nur die Geldpolitik. Auch die Regierungen weltweit pumpen mit Corona-Hilfsprogrammen seit Februar viel Geld in die Wirtschaft, die geplanten Konjunkturhilfen in Billionenhöhe der EU und der USA noch gar nicht mitgerechnet. Bei ihnen gibt es noch zwar keine politische Einigung – aber die Freigabe der Mittel ist nur eine Frage der Zeit.

Chancen für Value und Schwellenländer

Mein Fazit aus all diesen Entwicklungen lautet: Die Börsen bekommen noch für lange Zeit so viel Rückenwind wie selten zuvor, und das aus allen für die Aktienmärkte wichtigen Quellen: Extrem lockere Geldpolitik, extrem expansive Finanzpolitik, Hoffnung auf ein Schwinden des Corona-Einflusses, bessere Konjunktur- und Gewinnaussichten und keine echten Investmentalternativen, da Zinsanlagen praktisch nirgendwo mehr Zinsen bringen. Das viele anlagesuchende Geld sorgt dafür, dass es an den Börsen eher eine Kaufpanik als eine Verkaufspanik geben wird. In absehbarer Zeit werden wir wohl keine lange und ausgeprägte Baisse erleben, sondern eine kräftige, jedoch von starken Schwankungen begleitete Aufwärtsbewegung.

Am besten und kostengünstigsten können Sie diese langfristig guten Aussichten mit breit gestreuten internationalen ETFs nutzen, also börsengehandelten Indexfonds. Dabei sollten Sie anfangen, Indizes höher zu gewichten, die schwerpunktmäßig Value-Aktien beinhalten, wie den MSCI World Value oder den MSCI Europe Value. Aber auch Schwellenländer-Aktien profitieren überdurchschnittlich von der erwarteten Erholung der Weltkonjunktur 2021.

Es gibt in Deutschland rund 1000 Aktien-ETFs. Da haben Sie schon die Qual der Wahl. Einfacher geht es, wenn Sie einen ETF-Fonds kaufen. Die FIDUKA hat schon 2018 einen solchen gegründet, den Pro Select-Weltfonds. Er ist schwankungsarm und bietet also ein hohes Maß an Sicherheit.

Foto: Massimo Giachetti/istockphoto.com