Artikel

Vor ein paar Tagen wartete ich auf die U-Bahn und las eine Zeitung, auf der das Foto von Mario Draghi prangte. Eine Dame sprach mich unvermittelt an, deutete auf das Foto und sagte: „Dieser Draghi gehört gefeuert; ich kann sein Bild nicht mehr sehen.“ Mit dieser Meinung ist sie nicht allein. EZB-Präsident Draghi ist zum Schrecken deutscher Normalbürger und weiter Teile aus Finanzwelt und Wirtschaft geworden.

Der Chef der Munich Re, Nikolaus von Bomhard, warf der Bundesregierung vor, einem Vermögensverlust der Sparer durch die Nullzinspolitik der EZB tatenlos zuzusehen. Sparkassenpräsident Georg Fahrenschon geißelte die Zinspolitik der EZB als „falsch, gefährlich und nutzlos“ und ifo-Präsident Hans-Werner Sinn kritisierte, die EZB betreibe eine „Umverteilungspolitik zur Rettung von Zombiebanken und fast konkursreifen Staaten“.

Was hat Draghi verbrochen, das Deutschland so in Aufruhr versetzt? Er hat am 10. März alle großen Geschütze gleichzeitig abgefeuert: Leitzins auf 0,0 Prozent, Strafzins für Banken auf minus 0,4 Prozent erhöht, zusätzliche monatliche Anleihekäufe von 20 Milliarden Euro, vermehrt auch Unternehmensanleihen, sowie Refinanzierungsgeschäfte zum Nulltarif für Banken. Fürwahr, ein Trommelfeuer, das die wirtschaftliche Lethargie in der Euro-Zone besiegen und die Banker zur Vergabe von Krediten zwingen soll. Bei genauerem Hinsehen ist es jedoch vor allem eine massive Hilfsaktion für die kränkelnde Wirtschaft Südeuropas und deren dahinsiechende Banken, in erster Linie für Italien. Diese Therapie gleicht der Methode, wenn ein Arzt Aufputschmittel verschreibt, die den Tod hinauszögern, wenn nur eine Operation Heilung und Überleben versprechen. In den Schuldnerländern sind dringlich schmerzhafte Reformen erforderlich, und viele ihrer Banken müssten fusioniert oder abgewickelt werden. Draghi begründet den gewagten Schritt mit der Abwendung einer drohenden Deflation.

Ganz anders die US-Notenbank: Sie hat zwar die Zinserhöhungs-Erwartungen gedämpft, um den Zinsvorsprung zum Euro nicht zu groß werden zu lassen und so den Dollar nicht aufwerten zu lassen – aber sie hat auf Inflationsrisiken verwiesen, sobald die Effekte billiger Energie verschwänden.

Die Fed redet also von Inflation, die EZB von Deflation. Dabei hat eine ausufernde Geldpolitik in der Vergangenheit stets langfristig Inflation erzeugt. Das droht auch jetzt. Der Ölpreis ist seit dem Tief um 45 Prozent auf über 40 Dollar gestiegen. Prognosen liegen bei einem Durchschnittspreis von 50 Dollar für 2016. Das wären rund 80 Prozent Plus. Auch andere Rohstoffpreise sind zuletzt stark gestiegen. Extrem billige Energie und Rohstoffe, die bisher die Inflation gedämpft haben, werden sie deshalb künftig befeuern. Hinzu kommt, dass die Euro-Staaten ihre Sparbemühungen einstellen, auch wegen der Flüchtlingskosten. Wenn aber der Staat wieder mehr Geld ausgibt und gleichzeitig die Notenbank alle Geldschleusen öffnet, droht die Inflation in den nächsten Jahren sprunghaft anzusteigen.

Wird Mario Draghi darauf rechtzeitig mit höheren Zinsen reagieren? Ich bezweifle es. Deutschen Sparern, die wegen der Nullzinspolitik bereits real enteignet werden, droht dann noch eine Geldentwertung ihrer Ersparnisse. Daher ist es höchste Zeit, aus der Not eine Tugend zu machen und in Sachwerte – vorwiegend Aktien und Aktienfonds – umzuschichten. Die Börsen der Industrieländer notieren heute auf demselben Niveau wie im Juli 2014, die der Schwellenländer sogar deutlich darunter. Daher sind die Bewertungsrelationen gemessen am Kurs/Gewinn-Verhältnis (KGV) günstig.

Besonders verlockend sind die Dividendenrenditen im Vergleich zu den Nullzinsen: Beim Dax 3,5 Prozent, beim Euro-Stoxx 4,0 Prozent und beim Dow Jones knapp drei Prozent.

Leider hat aber die Mehrzahl der deutschen Anleger ein distanziertes, wenn nicht gar gestörtes Verhältnis zu Aktien. Welche soll man wann kaufen? Wem kann man vertrauen? Es gibt aber eine einfache Methode, die ich in meinem Buch „Der einfache Weg zum Wohlstand“ verständlich beschrieben habe. Anstatt endlose Analysen anzustellen, kann man kostengünstige Indexfonds kaufen, sogenannte ETFs. Mit ihrer Hilfe kann man ein breit diversifiziertes Depot mit reduziertem Risiko und langfristig hoher Rendite gestalten. Das hat gleich mehrere Vorteile:

1. Das Portfolio bietet eine hohe Flexibilität.

2. Es hat eine eingebaute Risikostreuung, und dies zu niedrigen Kosten.

3. Mit dem internationalen Depot besitzt man viele Währungen und ist nicht allein dem Euro-Risiko ausgeliefert.

4. Aktien bieten den besten Schutz vor der Inflation.

Da die Voraussetzungen günstig sind, dass die Aktienbörsen in diesem Jahr neue Höchstkurse erreichen werden, lohnt sich also ein Einstieg.

Bild: bernhardbodo/istockphoto.com