So schnell kann’s gehen an der Börse: Im Oktober machte der Dax nach einer halbjährigen Börsenkorrektur, während der er 24 Prozent verlor, eine abrupte Kehrtwende. Wie ich in meiner Kolumne Anfang Oktober schrieb, könnte in diesem Monat die Wende gekommen sein, nach der es an den Aktienmärkten steil aufwärts gehen werde.
So kam es auch: Der Dax gewann im Oktober zwölf Prozent und machte die Hälfte der Verluste, die er in einem halben Jahr erlitten hatte, in einem Monat wieder gut. Aber es kommt wahrscheinlich noch besser. Seit 1989 hat der amerikanische S&P 500 im vierten Quartal etwa zweimal so viel gewonnen, wie im darauffolgenden ersten Quartal. Auch der Dax zeigte sich in dieser Zeit von seiner besten Seite, indem er seit dem Start 1988 nur viermal einen Verlust verzeichnete. Daher ist es auch jetzt für einen Einstieg keineswegs zu spät. Warum nicht?
Weil zum einen viele Anleger in der heftigen Korrektur Aktien verkauft haben und auf zinslosen Anlagen sitzen. Sie sind von der Aufwärtsdynamik auf dem falschen Fuß erwischt worden und müssen jeden Rückschlag zum Wiedereinstieg nutzen. Institutionelle Anleger wie Fonds und Versicherungen stehen vor dem Jahresende unter Zugzwang. Der Kurssturz vom August und September hat die Bewertung von Aktien wieder attraktiv gemacht, mit Dividendenrenditen oft über drei Prozent.
Zum anderen spricht das monetäre Umfeld für Aktien. Seit zwei Jahren hält die Frage, wann die US-Notenbank Fed die erste Zinserhöhung vornehmen wird, die Börsen in Atem. Nach dem guten Arbeitsmarktbericht für Oktober und dem unerwartet kräftigen Lohnanstieg ist es ziemlich sicher, dass sie im Dezember den ersten kleinen Schritt zur Normalität machen und erstmals seit fast zehn Jahren die Zinsen leicht anheben wird. Da 2016 Wahljahr ist, muss sich die Fed-Chefin Yellen danach aber zurückhalten, weil die Geldpolitik zum Politikum wird.
Daher bleibt in den USA die weitgehend lockere Geldpolitik bestehen. In der restlichen Welt nimmt die Geldschwemme sogar weiter zu. EZB-Chef Draghi hat unmissverständlich gesagt, dass er, wenn die Konjunktur nicht bald in Schwung kommt, die Anleihekäufe erheblich ausweiten wird. Daraufhin ist der Zins der zweijährigen italienischen Staatsanleihe auf Null gesunken – ein grotesker Vorgang in einem mit 140 Prozent des BIP überschuldeten Land! Dem Landsmann Draghi sei’s gedankt!
Doch die Geldschwemme und Nullzins-Politik funktioniert in Europa nicht in gleicher Weise wie in den USA, weil hier der Aktien- und Immobilienbesitz der Privathaushalte viel geringer ist und dadurch der Wohlstandseffekt, der dort den Konsum anschiebt, hier kaum zum Tragen kommt. Draghis Geldpolitik ist daher unwirksam und letztlich brandgefährlich. Die Konjunktur außerhalb der USA ist alles andere als robust, auch wenn die jüngsten Frühindikatoren eine baldige leichte Aufwärtsbewegung signalisieren. Der erneute Dollaranstieg verstärkt diese Tendenz.
Deutsche Anleger müssen damit bei Zins- und Versicherungsanlagen noch lange auf Renditen von deutlich über Null Prozent warten. Das bedeutet dreierlei Unheil: Die Enteignung der Zinssparer geht weiter, und die Ersparnisse werden durch die bald steigende Inflation entwertet. Schließlich ist eine Teuerung von knapp zwei Prozent im Durchschnitt der Euro-Zone Draghis Ziel. Im wirtschaftlich starken Deutschland wird das Inflationsraten in Richtung drei Prozent zur Folge haben. In diesem Fall beträgt die Entwertung von Geldanlagen in nur 10 Jahren 25 Prozent! Sie gefährdet die Altersvorsorge, insbesondere der jungen Generation.
Ein Schutz vor Inflation und eine deutlich höhere Rendite ist nur mit einem größeren Anteil von Aktien möglich. Darauf macht jetzt auch die Bundesbank aufmerksam. Sie hat errechnet, dass die durchschnittliche reale, also inflationsbereinigte Rendite aller Ersparnisse von 3,5 Prozent in den Jahren 1991 bis 2007 auf seither nur noch 1,5 Prozent gefallen ist. Dagegen haben Aktien seit 1991 im Durchschnitt real über acht Prozent gebracht. Beim Langfristsparen macht der Unterschied Welten aus: Wer monatlich 200 Euro zu 1,5 Prozent anlegt, hat nach 20 Jahren 55.948 Euro, bei 8,0 Prozent sind es mit 114.588 Euro mehr als doppelt so viel. Oder, anders gewendet: Wer 55.948 Euro in 20 Jahren erreichen will, braucht mit 97,65 Euro monatlich weniger als den halben Sparbetrag – ein ganz wichtiger Aspekt für Geringverdiener.
Private Anleger brauchen keine Angst vor Aktien zu haben. Ob es sich um ein vorhandenes Vermögen oder einen Sparplan handelt: In beiden Fällen lässt sich die Rendite erhöhen, indem man langfristig anlegt und mit überlegenen Aktienklassen ein international systematisch strukturiertes Depot zusammenstellt. Am besten geht das, wie ich in meinem Buch „Der einfache Weg zum Wohlstand“ leicht verständlich dargestellt habe, mit kostengünstigen Indexfonds (ETFs), mit denen jeder ein Depot mit überdurchschnittlicher Rendite bei reduziertem Risiko aufbauen kann.