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Anleger warten nach Dax-Rekorden auf die Kurskorrekturen

Die stark gestiegenen Börsenkurse machen Schlagzeilen, wie einst im Jahr 2000, als der Dax mit 8136 Punkten auf einem neuen Höchststand geschlossen hatte. Erst 2013 hat er diese Marke wieder übertroffen. Seit Jahresanfang sind die Kurse sprunghaft auf zuletzt knapp 12.000 Punkte gestiegen, ein Plus von 20 Prozent. Auf dem Kurschart sieht das wie ein senkrechter Strich nach oben aus,. im Fachjargon eine „Fahnenstange“. Es ist eine Art Mahnmal, dass eine Übertreibung stattfindet, auf die meist eine Korrektur folgt. Kein Wunder, dass jetzt öfter von einer drohenden „Crash“-Gefahr die Rede ist.

Wenn ich mich in die Lage all der Anleger versetze, deren Geldanlagen keine Zinsen mehr bringen und die bisher Aktien ferngeblieben sind, dann befinden sie sich in einer Zwickmühle: Sollen sie in die stark gestiegenen Aktien noch einsteigen, wenn bereits vor drohenden Kursverlusten gewarnt wird? Die Zwickmühle kann ich auflösen: Es gibt schließlich zwei Indizes des Dax: Der bekannte Dax bezieht als einziger bedeutsamer Index der Welt die Dividendenzahlungen in seine Berechnung mit ein. Der andere, wenig bekannte Kurs-Dax, der nur die Kursentwicklung berücksichtigt, steht aktuell „nur“ bei 6032 Punkten. Er liegt damit um fast vier Prozentpunkte unter seinem Höchststand vom März 2000 bei 6266 Punkten.

Hinzu kommt, dass die geschätzten Gewinne der Dax-Unternehmen für 2015 mit 780 Euro um das 2,8-Fache höher liegen als 2000. Das Kurs/Gewinn-Verhältnis (KGV) des Kurs-Dax war damals mit 22 um zwei Drittel teurer als heute mit nur etwa acht. Wirft man einen Blick nach New York, stellt man fest, dass der Dow Jones – ein Kursindex – bereits 2006 sein Kurshoch übertroffen hat und seitdem um weitere 50 Prozent gestiegen ist.

Im Laufe des Börsenaufschwungs seit 2009 ist der Dax um das 3,0-fache, der MDAX gar um das 4,4-fache und der amerikanische S&P-500 um das 4,0-fache gestiegen. Das entspricht im Schnitt, inklusive Dividenden, einer jährlichen Rendite von 22 Prozent beim Dax, 30 Prozent beim MDax und 26 Prozent beim S&P-500. Da fragen sich viele, ob diese Hausse noch weitergehen kann.

Werfen wir einen Blick auf die Konjunktur. Die Forschungsinstitute haben gerade ihre aktuelle Wachstumsprognose für Deutschland von 1,2 auf 2,1 Prozent angehoben. Die Gründe liegen auf der Hand: Der billige Euro, die billigen Zinsen und der billige Ölpreis sind potenzielles Doping für die Konjunktur. Und weltweit sagt der Internationale Währungsfonds (IWF) für 2015 und 2016 eine Fortsetzung der Erholung voraus.

Ein moderates Wachstum ist ideal für die Börse, weil die Realwirtschaft wenig Kapital absorbiert und somit mehr als genug Geld für die Börse bleibt. Hinzu kommt, dass sich die Einsparung der Ölkosten global auf eine Billion Dollar pro Jahr beläuft.

Das steigert das Wachstum und dämpft die Inflation. Damit haben die Notenbanken weiter freie Hand für ihre ultra-lockere Geldpolitik. Sowohl wirtschaftlich als auch monetär sind damit die Voraussetzungen für eine Fortsetzung des Börsenaufschwungs gegeben. Diese optimale Lage ist aber nicht in Stein gemeißelt. Sie wird sich ändern, sobald die Konjunktur stärker anzieht und der Ölpreis steigt. Es scheint, dass der Ölpreis sich stabilisiert oder leicht zulegt. Dann wird auch die Inflationsrate von nahe Null zu klettern beginnen. Durch den gegenüber dem US-Dollar um 25 Prozent gefallenen Eurokurs bekommen wir in Deutschland zudem eine importierte Inflation, da sich in Dollar gehandelten Einfuhren verteuern.

Die deutsche Exportindustrie freut sich natürlich über den billigen Euro, aber die Sparer sind die Leidtragenden der abenteuerlichen Geldpolitik der EZB, die die Zinsen auf Null heruntermanipuliert hat, um Südeuropa auf die Füße zu helfen. Diese Manipulationen werden letztlich zu einer höheren Inflation führen. Sachwerte, vor allem Aktien, sind der da beste Schutz vor Geldentwertung. Die Aktienhausse kann noch eine ganze Weile andauern. Aktien sind zwar teurer geworden, aber fundamental noch fair bewertet. Von Börsenblase keine Spur. Wichtig ist aber, international breit diversifiziert anstatt nur in Dax-Werte zu investieren. Dadurch steigt die Rendite und sinkt das Risiko.

Titel mit hoher Dividende und Value-Aktien sollten bevorzugt werden, weil sie einen großen Beitrag zur Gesamtrendite leisten und ihre Kurse weniger stark schwanken. Wie erwähnt, ist eine Korrektur der schnell gestiegenen Kurse überfällig. Sie scheint begonnen zu haben. Für Anleger, die auf günstigere Kurse gewartet haben, sollte dies eine willkommene Einstiegs-Gelegenheit sein.

 

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