Die Konjunktur erholt sich und die Zinsen bleiben sehr niedrig
Am „Thanksgiving“-Feiertag konnten die Amerikaner sich neben ihrem traditionellen Truthahnessen auch darüber freuen, dass es mit der Wirtschaft zügig aufwärts geht. Kurz zuvor hatte die Regierung berichtet, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im 3. Quartal mit einer Jahresrate von 3,9 Prozent gestiegen ist. Zusammen mit dem starken Wachstum von 4,6 Prozent im 2. Quartal ist dies die stärkste Wirtschaftsleistung seit mehr als zehn Jahren.
Die Aktienkurse sind auf neue Höchststände gestiegen, die Arbeitslosenquote von 5,8 Prozent bedeutet nahezu Vollbeschäftigung und die Unternehmensgewinne klettern. Gleichzeitig sind die langfristigen Zinsen sehr niedrig, der Ölpreis und andere Rohstoffpreise sind in den letzten Monaten stark gefallen und die Inflationsrate liegt seit 30 Monaten unter zwei Prozent. Ein Paradox: Die Wirtschaftsdaten zeigen das Bild eines Booms, aber Geldmarktzinsen nahe Null und keinerlei Inflation sind eher Zeichen einer Rezession. Ein märchenhafter Zustand. Doch es ist eine Ausnahmesituation, die nicht lange anhalten wird. Aber 2015 wird sie weitgehend noch Bestand haben. Die USA spielen also wieder einmal die Konjunkturlokomotive der Welt. Aber sie allein können den Zug nicht auf volle Fahrt bringen. Europa und Japan sind Bremsklötze. Die Strukturreformen in der Euro-Zone kommen vor allem in Italien und Frankreich nicht vom Fleck. Das Wirtschaftswachstum bewegt sich knapp über Null, sogar die deutsche Wirtschaft schrammt an der Rezession entlang – auch wegen der ökonomisch schädlichen Gesetze zu Mindestlohn, Rente mit 63 und Mütterrente.
In Japan wies das Wachstum in zwei Quartalen in Folge ein Minus auf. Und schon heißt es, die Wirtschaftspolitik von Ministerpräsident Abe – „Abenomics“ genannt – habe versagt. Eine völlige Fehleinschätzung! Die Ursache ist die im Frühjahr erhöhte Mehrwertsteuer, mit der logischen Folge, dass Konsumenten und Unternehmen vorgezogene Käufe tätigten, wodurch die jetzige Wachstumsdelle entstand.
Jedenfalls hat die schwächelnde Weltwirtschaft die Politik aufgeschreckt. Nachdem die US-Fed ihre Anleihekäufe beendet hat, werden nun die Notenbanken in Japan und Europa die Lücke schließen und ihre Geldhähne voll aufdrehen. Spielräume dafür haben sie dank weltweit niedriger Inflationsraten. Auch China hat seine zurückhaltende Politik aufgegeben und erstmals seit 2012 den Diskontsatz auf 2,75 Prozent gesenkt. Es wird sogar erwogen, die riesigen Devisenreserven von rund vier Billionen Dollar zur Konjunkturhilfe einzusetzen.
Was bedeutet das für 2015? Da weltweit die Verantwortlichen an einem Strang ziehen, um die Wirtschaft in Fahrt zu bringen, wird das Wachstum zulegen – wenngleich moderat. Trotz steigender Nachfrage wird der Ölpreis relativ billig bleiben. Das wirkt wie eine Steuersenkung und steigert den Konsum der ölimportierenden Länder. Die niedrigen Rohstoffpreise dämpfen gleichzeitig die Inflation. Daher werden die Zinsen länger niedrig bleiben, auch in den USA.
Die Enteignung der Zinssparer wird eher noch schlimmer. Daher führt wirklich kein Weg mehr daran vorbei, in Aktien anzulegen. Ich kenne die Ängste vieler deutscher Anleger, die sich schon öfter mit Aktien die Finger verbrannt haben. Aber es gibt eine Lösung, wie man mit geringerem Risiko ein Wertpapierdepot gestalten kann, das quasi ein Sicherheitsnetz hat; das heißt: Aktieninvestments breit international streuen, das senkt das Risiko und steigert die Rendite. In solide, langfristig besser rentierende Aktien investieren: Substanzwerte mit meist guter Dividende sowie Nebenwerte und Schwellenländer. Langfristig anlegen – „Time“ und nicht „Timing“ bringt Rendite und spart Kosten. Vor allem Nebenwerte und Schwellenländer sollte man mit Fonds oder ETFs abdecken. Am Jahresanfang schrieb ich in meiner Kolumne, dass 2014 ein weniger gutes Börsenjahr werde als das Ausnahmejahr 2013. Das kam auch so. Die Zuwächse der meisten Börsen liegen per dato im einstelligen Prozentbereich.
Die Börsenaussichten für 2015 sind allerdings günstig: Die Konjunktur erholt sich leicht, die Zinsen bleiben extrem niedrig, Liquidität ist in Hülle und Fülle vorhanden und die Bewertung ist noch nicht übertrieben hoch.
Und noch etwas: Seit den Zwischenwahlen im November herrscht in den USA mit einem demokratischen Präsidenten und einem republikanischen Kongress ein Patt. Eine Statistik über 60 Jahre zeigt, dass so eine Konstellation stets besonders gute Aktienjahre brachte. Alles in allem dürfte also 2015 ein gutes Börsenjahr werden.